Effizienzbesessenheit schadet der Demokratie

DER SCHADEN

Ein paar Beispiele zu einem globalen Thema: In der Schweiz wurde beschlossen, dass Mitarbeitende einer Uhrenfirma ihre Arbeitszeit unterbrechen müssen, wenn sie auf die Toilette gehen. Dies wurde sogar gerichtlich bestätigt. Nur eine Gesetzesänderung könnte das stoppen. Ein Beispiel für übertriebene Effizienz.

Viele Unternehmen sehen auch in der 4-Tage-Woche Einsparpotenzial, indem sie soziale Austauschmöglichkeiten am Arbeitsplatz reduzieren. Angeblich ist das nicht so wichtig.

In den USA boomt der Markt für Software, die die Arbeitszeit überwacht. Wenn man aufhört zu tippen, um zum Beispiel nachzudenken, wird die Zeitaufzeichnung gestoppt. Diese Überwachung schadet mehr, als sie nutzt.

Auch im Pflege- und Bildungsbereich hat man noch nicht verstanden, dass diese Managementmethoden oft das Gegenteil bewirken. Menschen sind nicht einfach austauschbar, und ihre Tätigkeiten lassen sich nicht immer in Zahlen messen. Es wäre viel effizienter, gute Arbeitsbedingungen ohne ständige Einzelleistungsüberprüfung zu schaffen. Dennoch hat die Effizienzbesessenheit in vielen Gesundheits-, Sozial- und Bildungseinrichtungen Einzug gehalten. Dabei kann man weder schneller pflegen noch schneller lehren – und beides funktioniert nicht ohne persönliche Beziehungen.

Das Wort „Effizienz“ – eine am Aufwand gemessene hohe Wirksamkeit – hat inzwischen einen negativen Beigeschmack bekommen. Schuld ist aber nicht die Effizienz an sich, sondern die toxischen Einsparungspotentiale, die gar keine sind. Der Drang nach schneller, mehr und besser führt uns weg von echter Effizienz, weg von Gemeinschaft und Zusammenarbeit und hinein in eine Abwärtsspirale.

Die Überbetonung von Effizienz in dominanten Managementtheorien und Wirtschaftsmodellen hat vor allem eines nicht geschafft: echte Effizienz. Stattdessen gibt es Brüche in unserem miteinander-Wirtschaften, Umweltschäden, Fachkräftemangel, mehr Arbeitsvolumen bei weniger Arbeitszeit, steigende Burnout-Zahlen und immer mehr Krankenstände, mehr Selbstoptimierungswahn, Vereinzelungen und enttäuschte oder resignierte Mitarbeiter:innen und Bürger:innen. All das schwächt auch unsere Demokratien.

„Die Menschen zurückgewinnen“ ist ein neues Motto in Unternehmen geworden. Der Arbeitsmarkt hat sich verändert, und Firmen müssen mehr bieten, um attraktiv zu bleiben. Doch bloße Lockrufe reichen nicht.

WINNING BACK THE PEOPLE

Dasselbe Motto gilt auch für die Wirtschaftspolitik: Wir brauchen eine Wirtschaft, die den Menschen dient, und nicht umgekehrt. Wenn uns das gelingt, gewinnen wir vielleicht auch die Menschen für die Demokratie zurück. Und das ist die Chance, die wir jetzt brauchen.

DER AUFRUF ZU EINER NEUEN WIRTSCHAFTSPOLITIK.

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