Liebes “Tip-Top-Management”. Wenn trotz der vielen zentralen Steuerung und immer wieder mal neuer New-Work-Methoden der Optimierungsversuch nicht klappt, wenn all das Analysieren, Messen und Kontrollieren, die Menschenentwicklungsprogramme, die vielen, eindeutigen Vorgaben, die hochgelobten partizipativen Ansätze nicht zum erhofften Erfolg beitragen, kann ich euch beruhigen: Eure Organisation ist nicht kaputt – ihr müsst sie nicht reparieren. Es ist nur die Art der Steuerung ungeeignet.
Der “demokratische Führungsstil” – ein Oxymoron? Ja. Und ja, er ist besser als ein autoritärer. Doch es bleibt ein Führungsstil für Entwicklungsprogramme von Menschen. Die spannende Frage ist nicht, welchen Führungsstil Menschen heutzutage brauchen, sondern wie Organisationen aussehen, in denen es nicht mehr um Führungsstile geht, sondern um gemeinsame, gleichrangige, partnerschaftliche Führungsarbeit. Um die Überwindung des “Oben-Unten”. Aus jeder Organisation hallt es hinein in andere gesellschaftliche Prozesse. Auch unsere gewählten Politiker*innen sind “ober uns”, die Menschen in prekären Lebenssituationen noch immer die “Unterschicht”, das Volk “unten an der Basis”, die Mitarbeiter*innen auch, wobei manchmal stehen sich auch “an der Front” mit der “Order von oben”. Das “Oben-Unten” dominiert nach wie vor. Die pyramidiale, zentral gesteuerte Managementgestaltung – auch wenn nicht mehr zeitgemäß – hat sich als “normal” durchgesetzt, somit hat es der Zweifel schwerer.
“Das Ziel des Studiums der Wirtschaftswissenschaften besteht nicht darin, fertige Antworten auf wirtschaftliche Fragen zu erhalten, sondern zu lernen, wie man sich von Ökonomen nicht täuschen lässt.” Joan V. Robinson
Märkte sind komplexer und Umwelten dynamischer, der Anspruch an humanistische Arbeitsorte ruft nach einer postpatriarchalen, demokratiewürdigen Organisationsgestaltung. Doch es ist zu verkürzt zu verlautbaren, dass sich die dezentrale Unternehmensführung lohnt, damit sich die Potentiale der Menschen besser entfalten können, um erfolgreicher zu werden. Denn die Frage “Erfolgreicher für wen?” bleibt hier unbeantwortet. Diese “Wenn-Dann Logik” ist eine Fortsetzung des eingeengten Blicks auf all das, was Großartiges in den Begriffen Arbeit, Organisation, Erfolg, Gewinn und Unternehmertum steckt. Die Potentialentfaltung wird dann als Mittel zum Zweck.
„Schlechte Management-Theorien zerstören gute Management-Praktiken“ Sumantra Ghoshal
Wer die gesellschaftsbildende Kraft und Verantwortung von Unternehmensorten aller Art verdrängt, wird auch das echte New Work nicht sehen können. Man kann nicht Verantwortungsübernahme einfordern und dies gleichzeitig verhindern, Partizipation wollen und sie gleichzeitig nicht zulassen. Es gibt zwei Muster: Demokratie und Nichtdemokratie. Hier gibt es nur ein “Entweder – Oder” und ist jedes “Sowohl-als-Auch” ein Ablenkungsmanöver, Schönerrederei, Beruhigungsversuch ohne ernsthafte Absicht.
„Vielleicht wäre es ratsam, die Worte “oben” und “unten” irgendwann einmal abzuschaffen.“ (1919) Mary Follett
“Wir sind die, auf die wir gewartet haben.” Ein passendes Zitat von Laloux für das Gestalten von Zusammenarbeit, für das Lösen aktueller Herausforderungen, für das Kreieren unsere Arbeitsorte. Vom Sich-verhalten ins Handeln kommen, vom Hoffen und Warten ins Tun. Passend zu all der anstehenden Umbrüche zeigt sich immer klarer, wie alles zusammenhängt – im Großen und im Kleinen.
Nicht der einzelne Mensch steht im Mittelpunkt, sondern die Meschen im Dialog, im Miteinander-füreinander. Wenn wir selbstorganisierte Teamarbeit stärken wollen, gleichrangige, partnerschaftliche Zusammenarbeit, dann brauchen wir weniger geführte Menschenoptimierungsprogramme, dafür starke Prinzipien und eine Betriebswirtschaft im Sinne aller.
„Der Witz bei #economyiscare ist kein bisschen schwierig zu verstehen: Nicht Pflege soll so rationell sein wie Autoproduktion, sondern Autoproduktion so sorgfältig wie Pflege.” Ina Praetorius