Die drei Dimensionen von Freiheit: Negative Freiheit bedeutet, dass die Bürger*innen durch gesetzlich verankerte Grundrechte vor einem autoritären Obrigkeitsstaat geschützt werden. Außerdem hat die Politik die Aufgabe, Diskriminierungen von Minderheiten zu unterbinden. Die positive Freiheit wiederum verlangt nach staatlichen Einrichtungen, die Chancengleichheit herstellen und Unterstützung beim gesellschaftlichen Aufstieg sowie bei finanzieller Bedürftigkeit leisten. Die republikanische Freiheit schließlich ermöglicht den Menschen weitreichende Mitspracherechte bei der Gestaltung ihres Gemeinwesens. Es geht also um eine deutliche Stärkung der Zivilgesellschaft.
Wer heute ein freies Leben führen will, muss den ungezügelten Markt bekämpfen. Freiheit ist nicht etwas, was man besitzt und festhalten könnte. Aber die Bedingungen dafür, dass man ein freies Leben führen kann, haben doch auch sehr mit der Verteilung von materiellen Ressourcen in der Gesellschaft zu tun. Deswegen ist es auch sinnvoll, diese Frage zu stellen: Wer kann eigentlich in unserer Gesellschaft wie frei leben, in welchen Arten und Dimensionen von Freiheit? Können wir alle das freie Leben führen, das uns unsere Gesellschaft, unsere freiheitlichdemokratische Gesellschaft verspricht?
Im Liberalismus, in der liberalen Tradition stecken unglaublich wichtige Werte, diese müssen wir jedoch neu denken! Wir können also nicht blind z. B. Freiheit mit freien Märkten gleichsetzen, wie das manchmal leider gemacht wird. Stattdessen müssen wir uns fragen, wie wir Freiheit wirklich allen ermöglichen können. Dazu gehört auch, dass wir uns sehr grundlegend die Frage stellen, wie wir unser Wirtschaftssystem eigentlich gestalten wollen, welche Eigentumsverhältnisse wir hier wollen. Es ist diese Vorstellung, dass das Einkommen auf dem Markt auch irgendwie soziale Wertigkeiten widerspiegeln sollte. Davon sind wir aber heute meilenweit entfernt. Wer in der Gesellschaft leistet was? Wer macht genau diejenigen Tätigkeiten, die wir brauchen, um unsere Gesellschaft am Laufen zu halten? Wie müssten wir die Märkte regulieren, damit sie wieder eher dorthin kommen, dass diese Tätigkeiten auch entsprechend entlohnt werden?
Aus ” Freiheit gehört nicht nur den Reichen” von Lisa Herzog.
Lisa Herzog, 1983 geboren, ist seit 2016 Professorin für Politische Philosophie und Theorie an der Hochschule für Politik an der Technischen Universität München. Sie arbeitet u. a. zu ökonomischer Gerechtigkeit, Ethik in Organisationen und Wirtschaftsdemokratie.