Partizipation allein ist zu wenig

“Nur als Lebensform hat Demokratie eine Zukunftschance und braucht die konsequente Demokratisierung aller Lebensbereiche. Das zentrale demokratische Grundvermögen ist die Urteilskraft, das politische Urteilsvermögen ist eine Voraussetzung jeder humanen Gesellschaft.” OSKAR NEGT

 

TLDR – Too Long Didn’t Read. Alles soll schnell gehen. Keep it short, komm auf den Punkt, in ein, zwei Sätzte zusammengefasst. Bitte nur keine zu langen Gesprächsrunden oder zu anstrengenden Auseinandersetzungen. Der Raum für kritischen Diskurs, Streitgespräche, Perspektivenvielfalt bleibt oftmals zu kurz oder löst sich in alle den modernen Standups, Checks, Menitmeter-Abfragen und Speed-Meetings auf. Das Ziel aus einem Gespräch aufgeladen, angereichert mit neuen Fragen und Erkenntnissen zu gehen ist nicht so beliebt, wie die schnellen Lösungen und raschen Antworten.  
 
Dabei wünschen sich viele Menschen unbedingt mündige Bürger:innen und natürlich auch mündige Kolleg:innen, mündige Teams, hoch selbstverantwortliche Zusammenarbeit. Teilweise scheint es so, als wäre die Partizipation der Schlüssel für dieses ausgerufene „Arbeiten auf Augenhöhe“. Doch haben auch alle Zugang zu den Grundlagen, die sie für das gemeinsame Gestalten von Zusammenarbeit brauchen? Sind alle gut ausgestattet mit Daten, Fakten, Wissen, Bildung, Entscheidungsmacht, unternehmerischen Grundlagen, um die Tiefe und die Breite ihres Handelns erfassen zu können, um sich ein mündiges Urteil über die Lage zu bilden?  
  
Urteilsvermögen braucht kritische Dialogräume, braucht tragfähige Ausverhandlungsprozesse. In der Arbeit, als Teil der Arbeit, als das Wesen der Arbeit selbst braucht es das Verweben von Denken und Handeln aller. Das ist immer wieder anstrengend und ein großartiges Fundament für erwachsene Zusammenarbeit, für verantwortungsvolle, gemeinsame Wertschöpfung. 

Will man robuste, starke, agile Organisationen, braucht es dieses „Demokratie unternehmen“. Es braucht das Fördern und Herausfordern robuster und starker Urteilskraft. Es braucht Zeit und es braucht das „Demokratie-Wollen“. Und all das Demokratie-Üben hört natürlich nicht vor den Unternehmenspforten auf. Als ein ausgeprägter Lebensraum unserer Gesellschaft finden wir in Organisationen starke Hebel, um unsere Demokratien zu stärken. 
 
Und auch wenn so viele Unternehmen ihren Partizipationsfortschritt bejubeln: Solange dieser nicht mit dem Üben und Ausbilden der Urteilskraft aller einhergeht, solange Organisationen nicht ihre Machtverhältnisse breit aufteilen und sich in Richtung Demokratie ausrichten, birgt das reine Mitmachen die Gefahr, eine Scheinpartizipation zu bleiben. Das ist nicht nur schade, sondern auch gefährlich. Mitmachen allein, ist zu wenig.

“Demokratie ist die einzige politisch verfasste Gesellschaftsordnung, die gelernt werden muss – immer wieder, tagtäglich und bis ins hohe Alter hinein. Nur als Lebensform hat Demokratie eine Zukunftschance und braucht die konsequente Demokratisierung aller Lebensbereiche.” OSKAR NEGT 

Buchempfehlung: “Der politische Mensch”

 

All jene, die mich kennen, wissen bereits, wie sehr mir ernsthafte Partizipationsprozesse in Organisationen, echtes New Work, erwachsene Zusammenarbeit am Herzen liegen. Alle, die mit mir in diversen Projekten und Workshops zusammenarbeiten, wollen diese gelungene Organisationsgestaltung und Zusammenarbeit im Einklang unserer Demokratie gestalten. In dieser gemeinsamen Wertschöpfung, kollektiven Verantwortung, gemeinsamen Führungarbeit leigt nicht nur die Stärkung von Unternehmen, sondern auch die Stärkung unserer Demokratie.

“Gemeinsam Arbeitsorte für Menschen gestalten – nicht Menschen für Arbeitsorte!” Elisabeth Sechser

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