Echt Vollzeit

Wie verteilen wir unsere Zeit auf berufliche Tätigkeiten, Schule, Bildung, Haushaltsführung, Freizeitaktivitäten, soziale Kontakte, Kinderbetreuung, Sport, Kultur, Freiwilligenarbeit? Eine sehr gute Frage. Die letzte Zeitverwendungserhebung der Statistik Austria (2021/22) wird im Laufe des Jahres veröffentlicht. 

Hier gibt es ein paar Zahlen aus der vorletzten Erhebung 2008/09.

  • 369 Millionen Stunden pro Woche beträgt die Zeitbindung für bezahlte Arbeit und unbezahlte Arbeit (Haushaltsführung, Kinderbetreuung, Betreuung Erwachsener, Freiwilligenarbeit) exkl. Schule/ Bildung
  • 194 Millionen Stunden davon arbeiten Frauen
  • 175 Millionen Stunden werden von Männern geleistet
  • 34% der unbezahlten Arbeit leisten Männer
  • 39% der bezahlten Arbeit leisten Frauen
  • 53% ist der gesamtwirtschaftlichen Arbeit wird von Frauen geleistet

So war es damals. Was wohl die neue Erhebung ergeben wird?
Und hier weitere und aktuelle Zahlen: 

  • Obwohl in den letzten Jahren Verbesserungen umgesetzt und dadurch die geschlechtsspezifischen Lohnunterschiede verringert werden konnten, zählt Österreich nach wie vor zu den EU-Ländern mit dem größten Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern. (Bundeskanzleramt)
  • 36% beträgt der wahre Gender Pay Gap unter Berücksichtigung aller Beschäftigten – der echte Equal Pay Day fällt dann somit auf den 10. Mai (Momentum)
  • In Wien ist es besser als in Vorarlberg, also der Gap geringer.
  • Es beginnt bereits bei unseren Jüngsten: der Taschengeld-Gap liegt bei 17%
  • Im Alter wird es dann nicht besser, sondern schlimmer: der Gender Pensions Gap liegt bei 40,6%
  • 8% bekommen Frauen weniger Arbeitslosengeld
  • 30 % besitzen Frauen weniger Vermögen
  • 36% erben Frauen weniger als Männer

Echt Vollzeit

Gesamtwirtschaftlich betrachtet produzieren wir sowieso zu viel, arbeiten zu viel, verdienen dabei auch nicht mehr bzw. weniger. Wir konsumieren zu viel und machen dabei unsere schöne Erde weiter kaputt. So gesehen wäre weniger mehr.

“We have to change the fundamentals. It´s not enough to resist or say, ´No, I wont´t take this anymore.` We have to have a positive alternative.” Riane Eisler

Stellen wir uns vor: Teilzeit als echte Vollzeit. Beide Elternteile arbeiten in den ersten Jahren des Nachwuchses in geteilter Vollzeit: Teilzeit in bezahlter und Teilzeit in unbezahlter Arbeit. Lohneinbußen werden vom Staat leicht abgefedert, die überfüllten bzw. unterbesetzten Kindergärten würden entlastet (hier fehlt es ja bekanntlich an pädagogischen Meister*innen), die Menschen haben mehr Zeit füreinander und kümmern sich beide um die wohl wichtigste Investition unserer Zukunft. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird dann ihrem Namen gerecht und der Begriff Vollzeit bekommt einen anderen Gehalt, Bildungsangebote für die Kleinen und die Großen können besser genutzt werden, gesünder wären wir auch, der Arbeitsmarkt und die Rollenbilder kämen in Bewegung, unsere werdende Zukunft und die Wirtschaft würden davon profitieren.

Zu kurz gedacht?

Selbstverständlich ist das nicht alles. Es handelt sich um einen von vielen wesentlichen Aspekten. Wie gelingt eine bessere Verteilung des geschaffenen Wertschöpfung, wie kann der Staat eine stärkere Rolle als wichtiger Teil einer fortschrittlichen Wirtschaftspolitik einnehmen, wie gelingt eine klare Verbesserung im Leben der Menschen mit einem Wirtschaftssystem, das dem Gemeinwohl dient und nicht kurzfristigen Profitinteressen, welche Rolle haben dabei Unternehmen und Institutionen? 

„Ein smartes, nachhaltiges und gerechtes Wirtschaftswachstum setzt einen Staat voraus, der mehr ist als ein bloßer Retter bei Marktversagen oder ein Nachtwächterstaat, der lediglich Rahmenbedingungen schafft. Es müsse ein Verständnis dafür entstehen, dass die Öffentlichkeit nicht nur die Kosten der Grundlagen von Innovationen übernimmt, sondern auch an deren Erträgen beteiligt wird.“ Mariana Mazzucato

Es muss also anders werden, damit es besser wird. Das wissen wir ja bereits. Old-school-Wachstumsbefürworter und Vollzeitbeschäftigungsvertreter bekommen spätestens jetzt die Krise. … und der Aufschrei der „Pay Gap Kritiker“ kommt auch bestimmt noch,… wie jedes Jahr.

“Unsere Fähigkeit Probleme zu lösen, wird durch unsere Vorstellung von dem, was machbar ist, begrenzt.” Russell Ackoff

Zurück zur Zeitverwendungserhebung: Die Tage werden nicht länger. Auch sie sind begrenzt. 

Quellen: **momentum-institut.at  **equal-pay-day.at  **statistik.at  **bka.at

 

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