„Verantwortung ist ein Ausgangspunkt für echte, starke Zusammenarbeit.“

Doris Kallinger vom Balancer hat mich zum großen Begriffe “Verantwortung” interviewt. Hier gibt es einen Auszug aus dem Interview und am Ende den Link zum ganzen Gespräch. 

 

Doris Kallinger: Was heißt Verantwortung für dich und im Rahmen deiner Arbeit?

Elisabeth Sechser: Ein paar Überlegungen dazu: Verantwortung hat man. Jeder und jede von uns. Erwachsene Menschen haben Verantwortung bzw. sind verantwortlich. Verantwortung ist eine Grundlage für das Zusammenarbeiten und für das Zusammenleben. Wie Mary Follett schon vor 100 Jahren so schön schrieb: „Verantwortung endet nicht damit, dass wir gewissenhaft und gut unseren Beitrag zum Ganzen leisten, sondern dass wir auch für dieses Ganze verantwortlich sind.“ Ein Team kann zum Beispiel nur erfolgreich sein, wenn auch alle danach handeln, wenn nicht jede und jeder nur „ihr Ding erledigt“, sondern immer auch das Ganze mitdenkt. Verantwortung ist ein Ausgangspunkt für echte, starke Zusammenarbeit. Statt immer wieder Verantwortlichkeiten zu klären und sich hier abzugrenzen, geht es mehr darum den gemeinsamen, verantwortungsvollen Blick auf Arbeit zu üben, zu schärfen, darin besser zu werden.

Für mich persönlich ist Verantwortung ein großer und schöner Begriff. Er fordert auf zu handeln, zu wirken, zu gestalten. Verantwortung ist nicht immer leicht und oftmals auch anstrengend, doch darum geht es ja nicht. Sich gemeinsam verantwortungsvoll einem Thema, einem Projekt, einem Auftrag, einem Problem zu widmen, bedeutet, gemeinsam das Leben zu gestalten, zu lernen, zu scheitern, zu wachsen, zu erzeugen. Das ist doch großartig.  

 

Doris Kallinger: Organisationen und so auch BALANCE wünschen sich verantwortungsvolle Mitarbeiter:innen. Das wird ja nicht in einer Stellenanzeige formuliert und dann melden sich diese. Ich denke vielmehr, dass es ein Prozess sein wird, wo alle in einer Firma lernen Verantwortung zu spüren und zu übernehmen.

Elisabeth Sechser: Verantwortung spürt man dann, wenn man sie hat. Mit allen Konsequenzen. Das ist etwas anderes, als etwas auszuführen, mitzureden oder zu kommentieren. Verantwortung darf man erwarten. Muss man auch. Ich kenne eure Stellenanzeigen nicht, doch bereits diese können einen Beitrag zu verantwortungsvoller Zusammenarbeit ausrufen. Sich verantwortungsvolle Mitarbeiter:innen zu wünschen ist gut und gleichzeitig auch nicht so wichtig. Es geht vor allem darum, wie sind Arbeitsorte gestaltet, dass man verantwortungsvoll handeln kann und muss, dass einem nicht die Verantwortung entzogen wird. Es gibt Mechanismen in Firmen, die nehmen Menschen ihre Verantwortung ab. Jeder Chef, jede Chefin, die die Letztverantwortung hat, macht das. Jede Involvierung in Entscheidungsprozesse, die mehr ein „wir wollen auch wissen, was ihr darüber denkt, entschieden wird dann anderswo“ macht das auch. Jeder Konflikt, der nicht zwischen den Menschen selbst genutzt und geregelt wird, sondern „eskaliert“ wird, schwächt Verantwortung. Wie sollen wir lernen, uns gemeinsam mit all unseren Unterschieden erfolgreich der Arbeit zu widmen, wenn die Verantwortung nicht immer mitten drinnen und dabei ist?

Verantwortung braucht auch Entscheidungsmacht – diese muss breit und großzügig in Unternehmen verteilt werden. So wird eine Organisation stärker, also mächtiger. Solange das nicht konsequent sitzt, also geltendes Recht ist, entstehen in schwierigen Situationen immer wieder Ausweichmanöver. Dann wird Verantwortung vermieden, verlagert und ggf. sanktioniert. Dass wir nicht nur für das Angenehme verantwortlich sind, sondern auch für das Unangenehme, das Schwierige, das Fehlerhafte, das liegt am Leben und an der Arbeit selbst. Das ist ganz normal. Wir sollten all diese Entwicklungsfelder nicht durch Verantwortungslosigkeit ungenutzt lassen. Die beste Teamentwicklung, die beste Führungsstrategie, das beste Lernfeld, ist die verantwortungsvolle, gemeinsame Arbeit selbst. Sonst kann organisationales und persönliches Lernen sich nicht ganz entfalten.

Möglicherweise etwas provokant, doch noch zum „Drüberstreuen“: Jede Organisation hat die Mitarbeiter:innen, die sie verdient. Das Verhalten sagt mehr über die Organisationsmechanismen aus, als über die Menschen selbst. Ein gutes Beispiel ist, dass alle Menschen außerhalb von Unternehmen sehr gut Verantwortung übernehmen können. Da laufen auch keine Chefs herum, die man fragen kann oder muss. Wir sind zu viel mehr fähig, als es oftmals scheint.

Doris Kallinger: Worauf muss eine Organisation achten, um Mitarbeiter:innen in Verantwortung zu bringen?

Elisabeth Sechser: Es geht vor allem darum, Verantwortung nicht zu schwächen. Jedes Team – als kleinsten Einheiten in einer Organisation – ist verantwortlich für seine Kund:innen. Jedes Team muss alles können, was es können muss, geht mit den Ressourcen sorgsam um, kümmert sich um neue Lösungen. Alle bewerten ihre Teamerfolge und natürlich auch ihre Misserfolge gemeinsam. Dass man sich Rückmeldung gibt und unterstützt ist Pflicht nicht Kür. Es fühlt sich ganz anders an, wenn diese Teamverantwortung gesetzt ist – man darauf aufbaut und nicht erst dorthin kommen muss. Diverse Empowerment- und Delegierungsprozesse wirken oftmals wie ein von „hinten aufgezäumtes Pferd.“ Entwicklungsprogramme dieser Art erzeugen das Verhalten, welches man wegentwickeln will. Vielleicht braucht es andere Fragen: „Wie verhindern wir als Organisation Verantwortung?“, „Wie muss unsere Organisation gebaut werden, damit sich Verantwortung voll entfalten kann?“

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Wer rund um Verantwortung und Zusammenarbeit Antworten in der eigene Organisation sucht, kann sich gerne an mich wenden. 

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